14.12.2020 – AG Trier: Keine korrekte Zustellung des Bußgeldbescheides bei Weiterleitung eines Fotos per WhatsApp durch die Mutter

14.12.2020

AG Trier vom 27.11.2020, Az. 35a OWi 52/20

Ein Autofahrer wurde am 24.6.2020 mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 53 km/h gemessen. Der Bußgeldbescheid wurde am 30.7.2020 an der Adresse seiner Mutter, bei der der Betroffene gewohnt hatte, durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt. Allerdings wohnte der Betroffene dort zu dem Zeitpunkt nicht mehr, sondern war inzwischen unter einer anderen Adresse gemeldet.
Die Mutter des Betroffenen sandte ihm am 8.8.2020 per WhatsApp ein Foto des Bußgeldbescheides, welches den Inhalt des Bußgelbescheides vom Adressfeld bis zu dem Satz „Die Geldbuße wird wegen vorsätzlicher Tatbegehung erhöht" abbildete. Mit E-Mail vom 8.8.2020 teilte der Betroffene der Bußgeldbehörde mit, dass er möglicherweise nicht der Fahrer sei und bat um Zusendung des Messfotos. Mit Schreiben vom 16.8.2020 wurde der Betroffene von der Bußgeldbehörde an die Abgabe des Führerscheins erinnert und auf die Rechtskraft des Bußgeldbescheids hingewiesen. Mit E-Mail vom 18.8.2020 und 23.8.2020 teilte der Betroffene der Bußgeldbehörde mit, dass er zum Zeitpunkt der Ordnungswidrigkeit nicht der Fahrer des Wagens gewesen sei. Zudem teilte er seine neue Adresse mit.
Der Betroffene legte über seinen Verteidiger mit Schreiben vom 26.8.2020 Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein mit der Begründung, Rechtskraft sei nicht eingetreten, da der ursprüngliche Bußgeldbescheid am 30.7.2020 nicht ordentlich zugestellt worden sei.

Das AG Trier gab dem Beschwerdeführer recht. Der Einspruch sei nicht verfristet, so der Richter. Nach § 189 ZPO gelte der Bescheid bei Zustellungsmängeln in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem der Bußgeldbescheid dem Betroffenen tatsächlich zugegangen ist. Der Zustellungsadressat muss das zuzustellende Dokument tatsächlich erhalten haben, so dass er vom Inhalt Kenntnis nehmen konnte. Die bloße Unterrichtung über den Inhalt des Schriftstücks reicht nicht. Die Übermittlung des oberen Teils des Bußgeldbescheides per WhatsApp genügt insoweit nicht den Voraussetzungen einer tatsächlichen Zustellung im Sinne des § 189 ZPO.