Ein Fahrzeug näherte sich einer Straßenmündung, an der die Fahrerin links abbiegen wollte. Gleichzeitig näherte sich auf der Geradeausspur Gegenverkehr, der Fahrer wollte rechts in dieselbe Straße einbiegen. Im Einmündungsbereich kam es zur Kollision.
Der Rechtsabbieger forderte vollen Schadenersatz, seiner Ansicht nach habe die Linksabbiegerin zu warten und der Rechtsabbieger Vorrang.
Die Versicherung der Linksabbiegerin sah das anders. Der Abbiegevorgang sei bereits abgeschlossen gewesen, das Fahrzeug habe sich in der Straße befunden, als es zur Kollision kam.
Das OLG Nürnberg stellte klar, dass ein Linksabbieger generell wartepflichtig ist.
Die Wartepflicht setzt ein, sobald der Linksabbieger erkennen könne, dass das sich aus der Gegenrichtung nähernde Fahrzeug nach rechts abbiegen will und es zu einer Überschneidung der Fahrwege kommen wird.
Wenn der Linksabbieger wartepflichtig sei, ändere sich daran nichts, wenn er seinen Abbiegevorgang fortsetzt und so eine Situation herstellt, bei der er zum Benutzer der vorfahrtsberechtigten Straße wird.
Andernfalls würde ein Anreiz geschaffen, den an sich nicht zulässigen Linksabbiegevorgang möglichst schnell zu beenden, um dann in den Genuss des Vorfahrtsrechts zu kommen.
Die Wartepflicht beinhaltet aber gerade, dass der entgegenkommende Rechtsableger seinen Abbiegevorgang ungestört vollenden kann, während der Linksabbieger zu warten hat.
Allerdings müsse der Rechtsabbieger, wenn er erkennt, dass der Linksabbieger seinen Abbiegevorgang fortsetzt, reagieren und notfalls abbremsen. Daher sei ein Schadenteilung in diesem konkreten Fall angemessen.